Hochbegabung – Das Hochbegabungsprinzip.
In unserer leistungsbezogenen Gesellschaft wird das Phänomen der Hochbegabung häufig ausschließlich unter dem Aspekt überdurchschnittlicher Intelligenz betrachtet. Die meist weitaus vielschichtigeren Begabungen eines Hochbegabten, wie beispielsweise sein ausgeprägtes Wahrnehmungsvermögen, führen jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass er dem Normalbegabten gegenüber im Vorteil ist. Geradewegs zum Nachteil gereichen ihm nämlich seine Befähigungen genau dann, wenn er schicksalhaft bedingt Aspekte seiner Persönlichkeit nicht benennen konnte, weil in seinem kindlichen Umfeld niemand zur Verfügung stand, der ihn hierzu hätte angemessen spiegeln können.
Das Schicksal des großen „Spiegels“.
So wird er später oft ohne Bewusstheit über die eigene Hochbegabung zwar umgehend wahrnehmen, wenn er in der Interaktion mit anderen falsch erkannt wird, jedoch in den Aspekten, in denen er sich selbst nicht gefunden hat, wird er seinem Gegenüber keine Information senden können, wer er ist. Sein Schicksal ist es daher, unter seelischem Kraftaufwand die Zuweisungen und Projektionen seiner Umwelt abwehren zu müssen, denn er weiß zwar, WER er NICHT ist, aber er durfte niemals gespiegelt erkennen, WER er selbst IN GANZHEIT ist. Depressionen und Rückzug und sogenannte soziale Auffälligkeiten, wie auch Aggressionen, die eigentlich den Wunsch nach Beachtung und Aufmerksamkeit ausdrücken, sind häufig auftretende Reaktionsweisen des Hochbegabten, mit seiner seelischen Isolation klarzukommen.
In dem Bewusstsein, dass hochbegabte Menschen Zusammenhänge mehrdimensional betrachten, soll der Klient bei seiner eigenständigen Entwicklung eines ihm angemessenen Selbstfindungsprogramms unterstützt werden. Bestandteil des Interaktionsangebots im Rahmen von Aspekttherapie ist dabei die Einführung in eine Selbsttherapie, durch die der Hochbegabte das ihm in zwischenmenschlicher Begegnung stets nach demselben Prinzip Gebotene wie durch Hochrechnung so umwandeln kann, dass es für ihn zur persönlichen Weiterentwicklung verwertbar wird. Wesentlich ist dabei die Erkenntnis, dass ein Hochbegabter aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten keine Psychotherapie benötigt, sondern in der Begegnung mit anderen stets nur valide Informationen sucht. Ihm Impulse zu geben, damit er in Transferleistung seine eigenen Antworten auf seine seelischen Fragen finden kann, ist im Klientenkontakt die therapeutische Aufgabe.